Die Kanzel

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Als nach der Reformation die Verkündigung in Form von Predigten für den Gottesdienst in den Kirchen immer wichtiger wurde, mussten viele Kirchen umgestaltet werden.

Auch in St. Martin war es so. Nach dem westfälischen Frieden 1648 begann eine große Umorientierung, die bereits Martin Luther angeregt hatte. Die Gemeinde nahm nicht mehr schweigend am Gottesdienst teil, sondern sie betete mit, sie sang und sie hörte den Predigten zu, die oft 45 Minuten dauerten. Um besser zuhören zu können, kamen Sitzgelegenheiten – Bänke - in die Kirchen. Damit die Aufmerksamkeit nicht nachließ, war es natürlich günstig, dass die Gemeinde den Prediger sah und der Prediger mit der Gemeinde auch Augenkontakt hatte. So kamen die Kanzeln in die Kirchen.

Kanzel 1955
Kanzel 1955

Der erste Standort unserer Kanzel war an der Nordwand, dort, wo jetzt das Bild vom sinkenden Petrus hängt. Wenn der Pastor auf die Kanzel ging, durchschritt er das prächtige Portal, das jetzt die Tür an der Nordwand (Sögelner Empore) schmückt.

Altes Kanzel-Portal
Kirche frueher

Die Bänke im Seitenschiff und auch im Hauptschiff waren auf die Kanzel hin ausgerichtet. Die Kanzel bildete so den Mittelpunkt der Kirche. Damit kam zum Ausdruck, wie wichtig die Verkündigung, die Predigt, geworden war, die ja bis heute für die meisten protestantischen Gemeindeglieder das Herzstück des Gottesdienstes ist.

Kanzel

Bei der großen Renovierung 1956/1957 holte man die Kanzel an ihren heutigen Standort. Sie verbindet nun den Altarraum mit dem Kirchenschiff.

Gestiftet wurde die Kanzel von Bremer Kaufleuten, die auf ihren Geschäftsreisen des Öfteren in Bramsche weilten, da es verwandtschaftliche Beziehungen zu hiesigen Familien gab.

Das genaue Datum ist nicht bekannt. Sie wird aber vermutlich kurz nach dem Anbau des Seitenschiffes – 1696 – in die Kirche gekommen sein. Kunsthistoriker sind der Auffassung, dass sie aus der Quakenbrücker Werkstatt Jöllemann stammt, die zu der Zeit eine gewisse Bedeutung hatte.

Den Kanzelträger schmücken vier Akanthusblattranken. Der Kanzelkorb und der Schalldeckel sind sechseckig. Die Zahl „sechs“ ist eine symbolträchtige Zahl: An sechs Tagen erschuf Gott die Welt, am sechsten Tag der Woche ist Christus gestorben, und sein griechischer Namen (K-Y-R-I-O-S) hat 6 Buchstaben = Christus als Herrscher der Welt in Zeit und Raum.

Kanzel-Korb

Den Kanzelkorb schmücken reife aufgeplatzte Granatäpfel. Eine Frucht, die damals wahrscheinlich noch niemand in Bramsche gesehen geschweige denn gekostet hatte.

Kanzel-Matthaeus

Dazwischen stehen die Evangelisten mit ihren Symbolen, in den Händen ein Buch, ihr Evangelium:

 

Matthäus ist als Weisheit eine Putte, also ein Kind zugeordnet worden. Welch eine Symbolik, ein Kind als Weisheit!

Kanzel-Lukas

Lukas – Stier, Symbol für Geduld, für Opferbereitschaft (Karfreitag)

Kanzel-Markus

Markus erkennt man am Löwen, dem Symbol für Kraft und Stärke (Auferstehung-stärker als der Tod).

Kanzel-Johannes

Johannes – Adler, Symbol für Verbindung zwischen Erde und Himmel (Himmelfahrt).

 

 

Die Evangelisten wurden einige Jahre später von einer Bremer Kaufmannswitwe mit Bramscher Wurzeln gestiftet.

Kanzel-Deckel

Auch der Schalldeckel ist voller Symbolik. Die 12 grünen Metallicsteine verweisen auf das neue Jerusalem wie es in der Offb 21 beschrieben ist.

Die 12 steht auch für die 12 Jünger und Apostel.

Kanzel-Taube

Unter dem Schalldeckel ist eine Taube mit weit ausgebreiteten Flügel als Symbol für den Heiligen Geist, der dem verkündeten Wort Kraft verleihen und die Herzen der zuhörenden Gemeinde erreichen möge.

Kanzel-Christus

Oben auf dem Schalldeckel steht Christus, der Weltenrichter. Er hat die Weltkugel in der Hand als Zeichen der Macht.

Er ist weiß gekleidet wie das Licht. Wo Christus ist, da hat die Dunkelheit keine Macht mehr, in seinem Licht kommt alles zu Tage und als Richter wird er alles Verkehrte zurechtrücken.
Sein Gewand ist mit einer goldenen Borte umsäumt. Gold ist das Symbol für Gottes Herrlichkeit, den Himmel.

Alle großen und kleinen Dinge an der Kanzel wollen uns erzählen, wie wichtig für uns die Verkündigung der Liebe Gottes ist und dass einmal die Wahrheit ans Licht kommt und wir in dieses Licht eintauchen dürfen.